Zensur eines kritischen Beitrags zu XXXL Rück: Offener Brief an Lokalkompass (u. a. Wochenanzeiger Oberhausen) von Petra Stanius

Sehr geehrtes Team von lokalkompass.de,

in meinem Artikel „Desinformationskampagne im Wochenanzeiger Oberhausen“ vom 07.08.2016 haben Sie einige Passagen gelöscht und an den jeweiligen Stellen die Bemerkung „Von der Moderation wegen falscher Tatsachenbehauptung editierter Bereich.“ hinterlassen.

Dies bedeutet faktisch, dass Sie meinen Artikel zensiert haben und mich zusätzlich öffentlich der Lüge bezichtigen.

In Ihrer Email vom 09.08.2016 schrieben Sie mir:

Guten Tag,
leider mussten wir Ihren oben genannten Beitrag (http://www.lokalkompass.de/oberhausen/politik/xxxl-rueck-desinformationskampagne-im-wochenanzeiger-oberhausen-d684068.html) nachträglich editieren, da er nicht nachvollziehbare Tatsachenbehauptungen enthält, die sich zur Schädigung des im Text kritisierten Unternehmens eignen. Bitte achten Sie in Zukunft bei Ihrer Berichterstattung darauf, auf Unterstellungen zu verzichten, und sich stattdessen an Fakten zu halten. Danke für Ihr Verständnis und
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Team von lokalkompass.de“

Nein, ich habe kein Verständnis für Ihre Maßnahme. Denn die von Ihnen entfernten Aussagen lassen sich sehr wohl durch Fakten belegen:

Gelöschter Teil Nr. 1:

Zum Konzept von XXXL gehört es, gesetzliche und tarifliche Regelungen zu unterlaufen und die Expansion des Unternehmens auf Kosten der Beschäftigten voranzutreiben. XXXL Rück will nun mit einer Desinformationskampagne im Wochenanzeiger sein ramponiertes Image aufpolieren.

Mein Beitrag schädigt XXXL Rück bzw. die XXXLutz-Gruppe nicht, sondern er benennt lediglich die Rufschädigung, die das Unternehmen sich selbst durch seine Unternehmenspolitik zufügt.

Dafür gibt es zahlreiche Belege:

  • In der lokalen Presse, die über das rücksichtslose Vorgehen von XXXL in Oberhausen und anderswo berichtet, z. B. http://shortlinks.de/556y,

  • auf Websites von verdi, z. B. der Aufruf von verdi Mülheim-Oberhausen zum Boykott von XXXL Rück http://shortlinks.de/855s

  • und auf den Websites von Organisationen, die über fragwürdige Praktiken von Unternehmen wie der XXXLutz-Gruppe informieren. Aus diesem Beitrag von Work Watch z. B. geht hervor, dass es zum Expansionskonzept von XXXL gehört, auf Kosten der Beschäftigten gesetzliche und tarifliche Regelungen zu unterlaufen: http://shortlinks.de/56iz.

  • Dieser Artikel, der zuerst im Neuen Deutschland erschienen ist, macht ebenfalls deutlich, dass man die XXXL-Gruppe mit Recht als „Möbelgangster“ bezeichnen kann: http://shortlinks.de/mu4i.

  • Immer eine gute Adresse für Informationen aus der Arbeitswelt ist das LabourNet. Das Dossier zu XXXL: http://www.labournet.de/?p=101247.

Dies ist nur eine kleine Auswahl der vielen Beispiele, die sich problemlos im Internet finden lassen.

Dass XXXL Rück angesichts der vielen Negativschlagzeilen mittels einer Kampagne sein schlechtes Image aufbessern will, ist naheliegend. Schließlich will XXXL Möbel verkaufen und leidet darunter, wenn die Kundschaft mit den Füßen abstimmt. Es fällt auf, dass XXXL Rück mit jeder dieser in meinem Beitrag behandelten Anzeigen versucht, der begründeten öffentlichen Kritik (siehe die genannten Artikel oben) eine extrem geschönte Darstellung des Unternehmens entgegen zu setzen. Dies ist eine Form von Desinformation.

Gelöschter Teil Nr. 2:

Fast zeitgleich hat XXXL Rück im Wochenanzeiger Oberhausen eine Werbekampagne gestartet, mit dem offenkundig das angeschlagene Image des Unternehmens wieder aufpoliert werden soll. Mittlerweile sind vier Folgen einer Serie von Anzeigen erschienen, die geeignet sind, die LeserInnen hinters Licht zu führen.
Seit dem 13. Juli 2016 erscheint in der Mittwoch-Ausgabe unten auf der letzten Seite des Blattes eine halbseitige Anzeige, die aufgrund ihrer Gestaltung den Eindruck erweckt, als ob es sich hier um einen redaktionellen Beitrag des Wochenanzeigers handeln würde. Das Wort „Anzeige“, das klein links oben über dem „Artikel“ steht, ist leicht zu übersehen.

Zum Image des Unternehmens: siehe oben.

Dass der zweite Absatz der Wahrheit entspricht, wissen alle, die den Wochenanzeiger Oberhausen im fraglichen Zeitraum gelesen haben. Ich besitze alle Folgen dieser Kampagne und kann sie bei Bedarf gerne vorlegen, um meine Aussagen zu belegen.

Dass die Anzeigen aufgrund von Aufmachung und Inhalt geeignet sind, die LeserInnen hinters Licht zu führen, ist ebenfalls ein Fakt. Ich bin beileibe nicht die einzige, die darauf hereingefallen ist und zunächst geglaubt hat, dass der Wochenanzeiger tatsächlich Herrn Götz interviewt hat. Und was den Wahrheitsgehalt der scheinbar redaktionellen Beiträge zur „Mitarbeiterzufriedenheit“, zu den Arbeitsbedingungen bei XXXL und zu den Entlassungen in Oberhausen angeht: siehe oben.

Gelöschter Teil Nr. 3:

In diesem „Interview“ will er [der Sprecher der Geschäftsleitung Helmuth Götz] den LeserInnen weismachen, dass die vielen KollegInnen von Möbel Rück leider entlassen werden mussten: aufgrund ihrer mangelhaften Arbeitsmoral, und weil sie sich den Neuerungen verweigert hätten, die das Möbelhaus auf Erfolgskurs bringen sollen.

Der Text bezieht sich auf die erste Folge der Kampagne von XXXL Rück, in der Herr Götz scheinbar interviewt wird. Dass viele KollegInnen von Möbel Rück entlassen werden mussten, weil sie sich notwendigen Neuerungen verweigert hätten und damit dem Erfolgskurs des Unternehmens im Wege gestanden haben sollen, steht ausdrücklich in dieser Anzeige. Dass die neu eingestellten MitarbeiterInnen im Gegensatz zu den entlassenen KollegInnen die Service- und Kundenorientierung voll mittragen würden und sehr motiviert wären, steht ebenfalls darin.

Wo bitte soll hier eine „falsche Tatsachenbehauptung“ sein, wenn nur der Inhalt einer der Anzeigen wiedergegeben wird?

Dass Herr Götz den LeserInnen weismacht, warum die KollegInnen entlassen wurden, entspricht den Tatsachen. Und nicht, dass er es ihnen vermittelt, wie Sie es mich nach dem Eingriff in meinen Artikel behaupten lassen. Fragen Sie doch einmal bei verdi nach. Dort werden Sie u. a. erfahren, dass das Arbeitsgericht Oberhausen den Großteil der Kündigungen für unwirksam erklärt hat.

Gelöschter Teil Nr. 4:

Mit bezahlten Scheinartikeln und Scheininterviews, deren Inhalt ausschließlich von den Auftraggebern bestimmt wird und deren Wahrheitsgehalt nicht überprüft wird, sollen die LeserInnen des Wochenanzeigers offenbar manipuliert und verdummt werden.

Viele OberhausenerInnen kaufen schon länger nicht mehr bei Rück ein bzw. folgen dem Boykottaufruf der Gewerkschaft verdi. Da das Unternehmen offenbar nicht mit Fakten – z. B. mit der Wiedereinstellung der Altbeschäftigten – sein Image verbessern möchte, schaltet die Geschäftsleitung stattdessen Werbeanzeigen mit für sie nützlichem Inhalt. Was ist daran nicht nachvollziehbar oder unzutreffend?

Und wollen Sie behaupten, dass der Inhalt der Anzeigen vor dem Abdruck auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft wurde?

Was kann das Ziel der Anzeigenserie sein, außer, KundInnen mit dieser Manipulation (wieder zurück) zu gewinnen? Und was ist es anderes als Verdummung, wenn LeserInnen, die es eigentlich besser wissen (können), von XXXL mit schönen Worten eingelullt werden?

Auf welche Weise haben Sie denn den Wahrheitsgehalt meines Textes überprüft, bevor Sie Teile daraus gelöscht haben? Alles, was ich oben ausgeführt habe, sind öffentlich zugängliche Informationen, die auch Sie sich hätten beschaffen können.

Oder anders gefragt:

Auf der Grundlage von welcher Definition von „Wahrheit“ und von „Tatsachen“ haben Sie meinen Beitrag „editiert“? XXXL hat inzwischen fünf halbseitige Anzeigen hintereinander im Wochenanzeiger Oberhausen geschaltet und ist damit für Sie ein wichtiger Anzeigenkunde. War dies der Grund bzw. der Auslöser für Ihre Einflussnahme? Und ist „Wahrheit“ für Sie das, was der geschrieben sehen will, der zahlt?

Ihre Begründung für die Veränderung meines Textes samt der Unterstellung, ich würde die Unwahrheit sagen, ist jedenfalls mit den obigen Ausführungen hinfällig. Ich gehe daher davon aus, dass Sie meinen ursprünglichen Beitrag wieder herstellen, wie Sie Ihn am Ende dieses Schreibens noch einmal finden.

Gerne kann ich die Belege für die von Ihnen monierten Aussagen als Fußnoten einfügen.

Auch finde ich eine Entschuldigung Ihrerseits angebracht.

Mit freundlichen Grüßen

Petra Stanius, 11.08.2016

Der ursprüngliche Artikel auf http://www.lokalkompass.de (zensierte Passagen in rot)

XXXL Rück: Desinformationskampagne im Wochenanzeiger Oberhausen

Nicht nur in der Oberhausener Presse sind immer wieder Beiträge zu lesen, in denen die fragwürdige Unternehmenspraxis der XXXLutz-Gruppe thematisiert wird. Zum Konzept von XXXL gehört es, gesetzliche und tarifliche Regelungen zu unterlaufen und die Expansion des Unternehmens auf Kosten der Beschäftigten voranzutreiben. XXXL Rück will nun mit einer Desinformationskampagne im Wochenanzeiger sein ramponiertes Image aufpolieren.

Am 15. Juli 2016 hat die Gewerkschaft verdi die BürgerInnen zum Boykott des Möbelhauses Rück aufgerufen: „Wir fordern Sie auf, Ihren Einkauf bei XXXL Rück so lange einzustellen, bis XXXL Rück die Verfahren vor dem Landesarbeitsgericht zurückzieht, beziehungsweise diese im Interesse der Arbeitnehmer beendet sind“, heißt es darin. Verdi fordert dabei Stadtspitze und Politik auf, bei der Entscheidung über die Ansiedlung von XXXL Rück am Centro „auch das Verhalten von XXXL Rück gegenüber den ehemaligen Beschäftigten zu berücksichtigen“.

Fast zeitgleich hat XXXL Rück im Wochenanzeiger Oberhausen eine Werbekampagne gestartet, mit dem offenkundig das angeschlagene Image des Unternehmens wieder aufpoliert werden soll. Mittlerweile sind vier Folgen einer Serie von Anzeigen erschienen, die geeignet sind, die LeserInnen hinters Licht zu führen.

Seit dem 13. Juli 2016 erscheint in der Mittwoch-Ausgabe unten auf der letzten Seite des Blattes eine halbseitige Anzeige, die aufgrund ihrer Gestaltung den Eindruck erweckt, als ob es sich hier um einen redaktionellen Beitrag des Wochenanzeigers handeln würde. Das Wort „Anzeige“, das klein links oben über dem „Artikel“ steht, ist leicht zu übersehen.

In der ersten Folge wird scheinbar der Sprecher der Geschäftsleitung, Helmuth Götz, zum geplanten Umzug des Unternehmens in die Nähe des Centros interviewt. In diesem „Interview“ will er den LeserInnen weismachen, dass die vielen KollegInnen von Möbel Rück leider entlassen werden mussten: aufgrund ihrer mangelhaften Arbeitsmoral, und weil sie sich den Neuerungen verweigert hätten, die das Möbelhaus auf Erfolgskurs bringen sollen. Die LeserInnen „erfahren“, dass XXXL Rück hervorragenden Service bietet, die Beschäftigten vorbildlich entlohnt und obendrein Steuern zahlt – sogar in Oberhausen …

Die Folge 2 eine Woche darauf beschäftigt sich ausführlich mit dem „einzigartigen Angebot“ von XXXL und weist dabei erneut auf die gute Bezahlung der Beschäftigten hin. Die geneigte Leserin muss sich fragen, warum eine Gewerkschaft dieses mustergültige Unternehmen angreift. Wer dem Boykottaufruf von verdi folgt, scheint sich außerdem ins eigene Fleisch zu schneiden, weil er oder sie scheinbar grundlos auf das großartige Angebot des Möbelhändlers verzichtet.

In Folge 3 müssen die KollegInnen von Rück selbst mit Bild und Namen für die Zwecke von XXXL herhalten. In dem „Artikel“ wird die derzeitige Belegschaft in den höchsten Tönen gelobt. Verkaufsleiter Carsten König schildert ausführlich seinen beruflichen Werdegang bei Rück und bewirbt die hervorragenden Möglichkeiten, die XXXL seinen Auszubildenden bietet. Zumindest wird der Eindruck erweckt, dass er es tut.

In Folge 4 schließlich fällt die Betriebsratsvorsitzende des ebenfalls Anfang 2014 übernommenen Möbelhauses XXXL Kröger, Kerstin Hüttner, ihren KollegInnen aus Oberhausen, die um ihren Arbeitsplatz und um die Einhaltung gesetzlich oder tariflich garantierter Standards kämpfen, kräftig in den Rücken. In einem „Interview“ schildert sie, wie sie die Übernahme des Möbelhauses Kröger durch XXXL erlebt haben will: Alles sei besser geworden, sowohl für die KundInnen als auch für die Beschäftigten. Wer mit der Geschäftsleitung Probleme habe, sei einfach nur unfähig, zu verhandeln. Von dem Verhandlungsgeschick des Essener Betriebsrates sollen auch die KollegInnen in Oberhausen profitieren. Die mit einem untauglichen Betriebsrat geschlagen sind, wie mensch zwischen den Zeilen lesen kann.

Mit bezahlten Scheinartikeln und Scheininterviews, deren Inhalt ausschließlich von den Auftraggebern bestimmt wird und deren Wahrheitsgehalt nicht überprüft wird, sollen die LeserInnen des Wochenanzeigers offenbar manipuliert und verdummt werden.

Wer Informationen über die Methoden von XXXL Rück bzw. der XXXLutz-Gruppe haben möchte, kann sie z. B. bei AKUWILL oder bei bei Work Watch finden.

Petra Stanius, 7. August 2016