Solidarität mit der ver.di-Betriebsgruppe an der FU! Rücknahme der Androhung von arbeitsrechtlichen Maßnahmen seitens des Präsidiums der FU!

Tarifvertragsverstöße sind ein Angriff auf uns alle!

Liebe Freund*innen, liebe Pressevertreter*innen,

wir erklären uns solidarisch mit den Mitgliedern des Vorstandes der ver.di-Betriebsgruppe, die durch das Präsidium der Freien Universität Berlin unter Androhung von arbeitsrechtlichen Konsequenzen öffentlich unter Druck gesetzt werden.

Wir fordern das Präsidium der FU auf, die Androhung gegenüber dem Vorstand der ver.di-Betriebsgruppe zurückzunehmen.

Wir rufen Unterstützer*innen – gerade auch gewerkschaftliche Betriebsgruppen, Betriebs- und Personalräte – dazu auf, Solidaritätsadressen an den Vorstand der ver.di-Betriebsgruppe zu senden: Email: vorstand@verdi-fu.de

Hintergrund:

Der Vorstand der ver.di-Betriebsgruppe hatte am 30.01.2024 einen Demoaufruf für die „Brandmauer“-Demo am 3. Februar mit nachfolgendem Inhalt veröffentlicht:

„Die Bundesregierung kürzt bei allen Sozialausgaben und in der öffentlichen Daseinsvorsorge, aber hat Milliarden für die Rüstung übrig. Rechtes Gedankengut wächst am besten in einem solchen Klima der Prekarität. Das gilt auch für unseren Arbeitgeber: Wer wie das FU-Präsidium Tarifverträge nicht einhält, bekämpft aktiv Mitbestimmung und demokratische Prozesse und sorgt so für politischen Verdruss. Im Ergebnis fördert auch die FU damit den Rechtsruck und den Aufstieg der AfD, denen gewerkschaftliche Organisierung ebenfalls ein Dorn im Auge ist. Bis heute sind zudem Beschäftigtengruppen der unteren Lohngruppen und mit hohem Migrant*innenanteil wie z.B. Reinigungskräfte an der FU ausgegliedert und damit von der betrieblichen Gemeinschaft ausgegrenzt und schlechter gestellt. Damit bereiten die regierenden Parteien und gewerkschaftsfeindliche Arbeitgeber der AfD und den Rechten das Feld.“

Quelle: https://www.verdi-fu.de/wordpress/2024/01/30/gegen-afd-und-die-abschiebe-und-kuerzungspolitik-der-ampelregierung-kommt-zum-aktionstag-am-3-februar-13-uhr-bundestagswiese/

Das Präsidium der FU antwortet am 05.02.2024 ihrerseits:

„Dies entspricht nicht der Wahrheit. Das Präsidium weist diese Behauptungen mit aller Entschiedenheit zurück. Das aktuelle Präsidium der FU Berlin arbeitet intensiv seit Monaten an Herausforderungen und Lösungen für eine Verbesserung von Arbeitssicherheit und Arbeitsschutz, den Bedingungen der Beschäftigten an der FU Berlin und die Umsetzung berechtigter Forderungen der Personalräte. Wir sehen es als erwiesen an, dass wir große Schritte nach vorne gehen, allerdings werden diese von der ver.di-Betriebsgruppe FU Berlin mit einem solchen Verhalten durch die oben genannten, erkennbar diffamierenden Anschuldigungen und bewussten Falschaussagen gefährdet. Das Präsidium prüft die Einleitung dienst- bzw. arbeitsrechtlicher Maßnahmen und fordert die Betriebsgruppe auf, den Artikel sofort von ihrer Homepage zu nehmen.“

Quelle: https://www.fu-berlin.de/informationen-fuer/beschaeftigte/aktuelles/news/240205-gegendarstellung-verdi/index.html

Die anhaltenden und weitreichenden Tarifvertragsverstöße an der FU sind hinreichend dokumentiert und nicht von der Hand zu weisen. Es gibt hierzu offene Briefe der Beschäftigten aus dem Fachbereich Veterinärmedizin und zuletzt der Technischen Abteilung. Die Dienststelle dementiert diese Tarifvertragsverstöße in ihrer Gegendarstellung nicht. Dass das Präsidium in seiner Gegendarstellung sinngemäß zum Ausdruck bringt, „man würde große Schritte nach vorne gehen“ und „die ver.di-Betriebsgruppe würde dies durch diffamierende Anschuldigungen …… gefährden“, soll offenbar allen anderen Beschäftigten suggerieren, dass man sich nur bei Wohlverhalten der ver.di-Betriebsgruppe künftig an den Tarifvertrag halten könne bzw. wolle. Faktisch wird gegen Recht und Gesetz verstoßen.

Tarifverträge, wie TVöD und TV-L, sollen Garant für normale Arbeitsverhältnisse sein. Tarifverträge sind nach Unterzeichnung Verträge, die gemäß Bürgerlichem Gesetzbuch zwingend einzuhalten sind. Die Freie Universität besitzt zwar eine gewisse Autonomie, ist aber Teil des Staates und ist somit an Recht und Gesetz gebunden.

Tarifvertragsverstöße, wie sie an der FU offenbar geschehen, stellen einen politischen Angriff auf Gewerkschaften da und schaden dem Glauben in die Rechtsstaatlichkeit. Sie konterkarieren beitragszahlende Gewerkschaftsmitglieder und begünstigen ein Klima, in dem Rechtsruck entsteht.

Dazu drängt sich der Eindruck auf, dass an der FU mit zweierlei Maß gemessen wird, wie aus nachfolgendem Blogeintrag der ver.di-Betriebsgruppe hervorgeht: Aufgeworfen wird die Frage eines Zweiklassenentlohnungsmodells, indem im Zeitraum 2016 bis 2020 mindestens 81 Personen u.a. in strategisch wichtigen Positionen durch Entgeltumwandlung von Gleitzeitkonten insgesamt 600.000 Euro zusätzlich erhalten haben sollen.

Quelle: https://www.verdi-fu.de/wordpress/2024/01/30/zweiklassenentlohnungssystem-an-der-fu/

Der Blogeintrag des Personalrats Dahlem vom 09.02.2024 und ein Artikel vom 30.11.2023 in den StadtRandNachrichten zeigen noch einmal auf, welch harten Kampf die Interessenvertretung geführt hat, um tarifliche Ansprüche und gute Arbeitsbedingungen der Beschäftigten durchzusetzen. Es ist grotesk, dass einige um Verbesserung der Arbeitsbedingungen bemühten Personalräte und Gewerkschafter*innen im Nachgang mit arbeitsrechtlichen Konsequenzen bedroht sind:

Quelle: https://www.fu-berlin.de/sites/prdahlem/aktuelle_infos/20240209_vetmed.html

Quelle: https://www.stadtrand-nachrichten.de/fu-berlin-tierklinik-steglitz-zehlendorf/

Wir rufen als Berliner Aktion für Arbeitgeberunrecht (BAGA) dazu auf, anhand der Ereignisse an der Freien Universität die wichtige Diskussion über die Zusammenhänge zwischen Rechtsruck, Tarifflucht und antigewerkschaftlichen Arbeitgeber*innen zu führen.

Grundlage könnte hierfür das Vorwort von Ulrich Schneider (seit 1999 Hauptgeschäftsführer des Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverbandes) im Buch „Aufstand der Töchter“ sein, in dem Tarifflucht und Outsourcing an der FU beschrieben ist:

„Wer die Begründungen für Ausgliederungen, Privatisierungen und andere Formen der Tarifflucht im Öffentlichen Dienst betrachtet, erinnert sich manchmal an die Brüning‘sche Krisenpolitik am Ende der Weimarer Republik. Die Versuche, durch Lohnabbau für Arbeiter, Angestellte und Beamte des öffentlichen Dienstes und weitere Sparmaßnahmen bei den öffentlichen Ausgaben den Haushalt zu konsolidieren, führten de facto zu einer Vertiefung der wirtschaftlichen Krise, die zudem von einer gesellschaftlichen Krise begleitet wurde, die der NSDAP politischen Rückenwind brachte. Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter haben aus der Geschichte die Konsequenz gezogen, auch und gerade in Krisenzeiten und gerade in den Bereichen des öffentlichen Dienstes sozialpolitischen Widerstand zu leisten. Sie erinnern die öffentlichen Einrichtungen daran, dass es nicht nur eine Sozialbindung des Eigentums gibt (Art. 14 GG), sondern dass der Staat und seine Einrichtungen eine besondere Verantwortung für die Einhaltung sozialer Standards haben. Dabei geht es nicht nur um die soziale Gleichstellung aller Beschäftigten, sondern auch um die Auswirkungen solch inklusiven solidarischen Handelns für die eigenen Interessen gegen Ausgrenzung und Rechtsentwicklung. So möchte ich auch den langen Kampf im Berliner Botanischen Garten um soziale und Tarifgerechtigkeit verstanden wissen.“

Artikel zum Thema:

https://www.telepolis.de/features/Demos-gegen-Rechts-Fuer-welche-Demokratie-stehen-der-Sozialdemokrat-Olaf-Scholz-und-seine-SPD-9619769.html

Um Unterstützung und Verbreitung wird ausdrücklich gebeten.

Berliner Aktion Gegen Arbeitgeberunrecht